Pöltl: Die Finanzierung ist aber nicht das einzige Problem. Es muss klar sein, mit welchen Maßnah men man die ESG-Verpflichtungen erfüllt, diese müssen technisch sinnvoll umsetzbar sein und beim Zeitplan ist auf die Kapazitäten etwa bei Handwerkern Rücksicht zu nehmen. Andernfalls kann man nicht sinnvoll kalkulieren. Dornaus: Auch mietrechtlich sind einige Proble me dringend zu lösen. Insbesondere sind gesetz liche Regelungen vorzusehen, die den Einbau von nachhaltigen ESG-konformen Heizungssystemen auch ohne die Zustimmung der Mieter ermögli chen. Bei parifizierten Objekten ist das Einstim migkeitsprinzips zumindest dort zu hinterfragen, wo es im Sinne einer Interessensabwägung kei nen sachlichen Grund gibt, die Umsetzung einer Maßnahme durch willkürliche zu verhindern. Das betrifft umweltrelevante Maßnahmen, aber auch Bereiche, in denen es um Wertsteigerung oder Verbesserung des Wohnwerts geht, also z. B. Dachbodenausbau oder Errichtung von Balkonen. Kommen wir zu dem Thema, auf das es letzten Endes ankommt: Wie geht es mit den Zinshauspreisen nach eineinhalb eher schweren Jahren weiter? Dornaus: Nach unserer Einschätzung handelt es sich dabei vor dem Hintergrund des weiter steigen den Zinsumfeldes um eine anhaltende Entwicklung. Prunbauer: Wenn der Gesetzgeber für entspre chende Rahmenbedingungen sorgt, bin ich auf längere Sicht optimistisch. Dass schädliche Markteingriffe wie das Aussetzen der Indexierung oder eine Leerstandsabgabe auf Bundesebene nicht gekommen sind, gibt Anlass zur Hoffnung, dass am Ende auch in der Politik wirtschaftliche Vernunft zählt. Erath: Jedenfalls wird in den kommenden Jahren ein bedeutender Eigenkapitaleinsatz erforderlich sein und dieses Kapital wird es nur geben, wenn es auch Rendite bringt. Und nur dann wird es auch möglich sein, den Altbaubestand langfristig zu erhalten. Pöltl: Kurzfristig sehe ich einige Herausforderungen, langfristig bin ich sehr optimistisch. Ich rechne damit, dass die Preise jedenfalls noch bis zum Ende der Leit zinserhöhungen unter Druck bleiben. Danach wird
sich ein neues Marktniveau bilden, das allerdings un ter den Topwerten aus 2021 liegen wird. Wir haben also einige eher mühsame Jahre vor uns und das Geschäftsmodell „kaufen, behübschen und rasch mit Gewinn weiterverkaufen“ wird nicht funktio nieren. Aber Wien wächst ungebremst weiter, die Zinshauslagen werden immer begehrter und daher haben Langfristinvestoren sehr gute Perspektiven. Das erkennen auch jetzt schon einige potenzielle Käufer. Wir sprechen derzeit mit einem Fonds aus der Schweiz, der das geänderte Marktumfeld für einen Einstieg nützen möchte. Ich bin daher sehr zuversichtlich, dass sich mittelfristig auch jetzt skeptische Investoren wie Versicherungen wieder bei Zinshäusern engagieren werden.
© Lichtpunkt Fotografie
Kaspar Erath ist Obmann des Vereins zur Revitalisierung und ar chitektonischen Aufwertung der Wiener Gründerzeithäuser.
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