EHL Zinshausmarktbericht 2025 | Wien

Rechtliches Umfeld

Indexierung als recht- liche Großbaustelle

Die Inflationsanpassung von Mieten, insbesondere in dem für Zinshäuser relevanten Vollanwendungsbereich des MRG, ist durch die Unwirksamkeitserklärung zahlreicher Indexierungsklauseln durch den OGH in Verbandsverfahren und durch jüngste gesetzliche Eingriffe zu einem Minenfeld geworden. Ob am Ende alles so heiß gegessen wie gekocht wird, diskutieren wir mit den beiden Immobilienrechtsexperten Nina Mitterdorfer und Wilfried Seist.

Der OGH hat mit seiner Entscheidung, zahl- reiche Standardklauseln zur Indexierung für unwirksam zu erklären, für große Verunsi- cherung gesorgt. Lichten sich langsam die Nebel, was bedeutet das für die Branche? Sonnenklar ist die Situation leider weiterhin nicht, aber man kann gewisse Tendenzen in der Judikatur mittlerweile schon recht deutlich erkennen. Zunächst ist immer nach der Art des Gerichtsver- fahrens zu unterscheiden, in dem eine Wertsicherungsklausel beurteilt wird: In einem Verbandsverfahren – also in einem Verfahren, das z.B. der VKI gegen einen Vermieter führt – ist bei der Prüfung des Wortlauts einer Indexklausel ein strenger Maßstab anzulegen, es gilt die Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn. Wenn man ein solches Verbandsverfahren verliert

oder eine Formulierung in einem Mietver- trag den strikten Vorgaben des OGH im Verbandsverfahren nicht entspricht, heißt das aber nicht zwingend, dass sich ein Mieter bei einer Individualklage gegen den Vermieter ebenfalls durchsetzen würde.

Im Individualverfahren wird allerdings demgegenüber auch berücksichtigt, ob die tatsächlich vorgenommene Indexierung dem ursprünglichen Willen der Vertrags- parteien entspricht, und wenn das – was in vielen Fällen anzunehmen ist – der Fall ist, dann hat der Vermieter durchaus gute Chancen, dass im Individualverfahren die Klausel letztlich als wirksam beurteilt wird. Als Beispiel: Ergibt sich aus dem Vertrag, dass erstmals nach einem Jahr Vertrags- laufzeit eine Indexierung erfolgen kann, so ist – nach der nunmehr mit Spannung erwarteten ersten einschlägigen Entschei- dung des OGH zu einem Individualverfah- ren – eine Indexklausel auch dann wirksam, wenn eine Wertanpassung in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss nicht explizit ausgeschlossen ist.

Können Sie ein Beispiel nennen?

In einem Verbandsprozess ist eine Index- klausel, deren Ausgangsbasis zeitlich vor Vertragsabschluss liegt oder die eine Er- höhungsmöglichkeit des Hauptmietzinses durch den Vermieter in den ersten beiden Monaten nach Vertragsschluss nicht explizit ausschließt, jedenfalls unwirksam. Wer das heute in einem neu abgeschlosse- nen Vertrag nicht berücksichtigt, gewährt einem Kläger in einem Verbandsverfahren einen Elfmeter ohne Tormann.

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