EHL Zinshausmarktbericht 2025 | Wien

Marktbericht 2025 | Wien

Wir leben Immobilien.

02

Zinshausmarktbericht

Vorwort

Auf allen relevanten Investmentmärkten klaffen das „Sentiment“ – also die Markt- stimmung – und die Ergebnisse rationaler Analysen der Chancen und Risiken regelmä- ßig auseinander. Besonders ausgeprägt ist diese Diskrepanz typischerweise zum Ende eines Marktzyklus: In Aufschwungsphasen überwiegt die Euphorie über potenzielle Gewinne, während die teils überhöhten Einstiegspreise ausgeblendet werden. In Phasen des Abschwungs hingegen domi- niert Pessimismus und attraktive Kaufgele- genheiten bleiben oft unbeachtet. Der Wiener Zinshausmarkt scheint sich der- zeit nahe dem Ende eines Abwärtszyklus zu befinden. Nach rund drei Jahren mit teils für viele Marktteilnehmer schmerzhaften Preis- rückgängen liegen die Quadratmeterpreise auf einem Niveau, das zuletzt vor über zehn Jahren zu beobachten war. Seit Sommer 2022 ist die Renditekurve im Gleichklang mit der Zinsentwicklung gestiegen. Die von der EZB seit dem vergangenen Herbst eingeleiteten Zinssenkungen haben bislang jedoch noch keine Renditekompression bewirkt – die Renditen verharren weiterhin auf dem Niveau des letzten Sommers. Evident ist jedoch, dass die Zinsen, deren Anstieg die Preisrückgänge maßgeblich ausgelöst hat, ihren Höhepunkt bereits

überschritten haben. Seit mittlerweile neun Monaten sinken die Leitzinsen und auch bei anderen für die Preisbildung relevanten Größen wie Wirtschaftswachstum und Inflation zeichnen sich zunehmend Entspan- nungstendenzen ab. Die rationale Analyse der relevanten Para- meter und des Kapitalmarktumfelds spricht eindeutig für den baldigen Rebound des Wiener Zinshausmarktes. Ob die Preise in den kommenden Monaten bereits gering- fügig steigen oder weiter sinken, lässt sich zwar schwer prognostizieren – entscheidend ist jedoch: Das aktuell vergleichsweise at- traktive Preisniveau bietet jedenfalls sowohl Chancen auf langfristige Wertzuwächse als auch für attraktive Renditen. Die derzeit noch herausfordernden Rahmen- bedingungen führen in vielen Bereichen zu erheblichem Druck. Wer in diesem Umfeld – mit ausreichend Eigenkapital und Liquidität ausgestattet – antizyklisch agieren kann, wird Gelegenheiten finden, die sich in dieser Form voraussichtlich erst wieder im nächsten Zyklus ergeben. Unsere erfahrenen Experten des EHL-Zins- hausteams unterstützen Sie gerne bei der Suche jener Objekte, die optimal zu Ihrer Investmentstrategie passen.

Ihr

Michael Ehlmaier

Wien | 2025

03

Die EHL-Zinshaus- spezialisten: Engagement und Kompetenz

Das Know-how eines der führenden Immobilien- dienstleister in den Bereichen Marktforschung, Immobilienbewertung, Development, Consulting und Wohnungsvermietung sichert Ihnen perfekte Unterstützung bei Ihrer Zinshausinvestition.

Mag. Franz Pöltl FRICS

Dipl.BW Markus Mendel MRICS

Herwig M. Peham MRICS

Geschäftsführender Gesellschafter EHL Investment Consulting GmbH

Geschäftsführer EHL Investment Consulting GmbH

Leitung Investment EHL Investment Consulting GmbH

Thomas Stix

Karina Schunker MA MRICS

Mag. Stefan Wernhart MRICS

Senior Consultant EHL Investment Consulting GmbH

Geschäftsführerin EHL Wohnen GmbH

Geschäftsführer EHL Gewerbeimmobilien GmbH

04

Zinshausmarktbericht

Inhalt Vorwort..............................................................................S. 03 EHL-Zinshausspezialisten.................................................. S. 04 Marktentwicklung 2025/26...............................................S. 06 Gesamtwirtschaftliches Umfeld........................................ S. 08 Markttrends.......................................................................S. 10 Parifizierung.......................................................................S. 12 Alternative Geschäftsmodelle............................................S. 14 Wohnungsmarkt.................................................................S. 16 Bewertung.........................................................................S. 18 Rechtliches Umfeld............................................................S. 20 ESG und Energieversorgung...............................................S. 22 Round Table - Hospitality....................................................S. 24 Referenzen.........................................................................S. 28

Wiener Bezirke im Überblick

Daniela Logar MA

1. Bezirk Innere Stadt........................................................ S. 30 2. | 20. Bezirk Leopoldstadt | Brigittenau............................S. 32 3. Bezirk Landstraße......................................................... S. 34 4. Bezirk Wieden................................................................S. 36 5. Bezirk Margareten..........................................................S. 38 6. Bezirk Mariahilf............................................................. S. 40 7. Bezirk Neubau................................................................S. 42 8. Bezirk Josefstadt........................................................... S. 44 9. Bezirk Alsergrund...........................................................S. 46 10. | 11. Bezirk Favoriten | Simmering................................ S. 48 12. Bezirk Meidling............................................................ S. 50 13. | 23. Bezirk Hietzing | Liesing........................................S. 52 14. Bezirk Penzing............................................................. S. 54 15. Bezirk Rudolfsheim-Fünfhaus.......................................S. 56 16. | 17. Bezirk Ottakring | Hernals......................................S. 58 18. | 19. Bezirk Währing | Döbling....................................... S. 60 21. | 22. Bezirk Floridsdorf | Donaustadt.............................S. 62

Senior Consultant EHL Investment Consulting GmbH

Mag. Astrid Grantner-Fuchs MSc MRICS

Geschäftsführerin EHL Immobilien Bewertung GmbH

Wien | 2025

05

Marktentwicklung 2025/26

Zinshäuser in der Warteschleife

Das Transaktionsgeschehen auf dem Wiener Zinshausmarkt blieb auch 2024 und in den ersten Monaten des laufenden Jahres deutlich hinter den Erwartungen zurück. Mit dem in 2024 verzeichneten Gesamtvolumen von nur ca. 1,10 Mrd. Euro – davon entfielen ca. EUR 1,01 Mrd. Euro auf Gesamtobjekte, ca. 90 Mio. Euro auf Zinshausanteile – wurde im Vorjahr der niedrigste Wert seit rund einem Jahrzehnt erreicht. Gegenüber dem Höchstwert aus 2021 beträgt der Rückgang mehr als 60 Prozent.

Im Vergleich der Wiener Bezirke hat daher wenig überraschend die Wiener Innenstadt die beste Performance gezeigt. Im 1. Bezirk sind die Preise durchschnittlich nur um etwa zehn bis 15 Prozent zurückgegangen. Dabei gibt es auch für großvolumige Objek- te wie die Renngasse aus dem Portfolio der insolventen Signa-Gruppe eine ausreichen- de Anzahl an Interessenten, die weiterhin bereit sind, adäquate Preise zu zahlen.

Die Preisrückgänge haben die Renditen erheblich erhöht. In Toplagen des 1. Bezirks liegen diese zwar weiterhin bei vergleichsweise sehr niedrigen 2,25 bis 2,5 Prozent, in den Bezirken innerhalb vom Gürtel werden dagegen mittlerweile oft schon Renditen von bis zu vier Prozent oder sogar etwas mehr verzeichnet. In den Außenbezirken (abgesehen von den gesuchten Grünbezirken und attraktiven Mikrolagen) liegen die Renditen mitunter im Bereich von fünf Prozent und mehr. Bei negativen Lagefaktoren und/oder schlecht instandgehaltener Bausubstanz wurden aber auch schon Transaktionen mit sechs Prozent Rendite abgeschlossen. Diese Entwicklung hat insgesamt zu einer stärkeren Differenzierung der Lagen und Teilmärkte geführt. Im Vergleich zu den Boomphasen, in denen auch an ex- ponierten Standorten Spitzenpreise erzielt wurden, hat die preisliche Differenzierung zwischen guten und durchschnittlichen Lagen deutlich zugenommen. Anders ausgedrückt spiegelt diese Differenzierung die unterschiedlich hohen Risiken und das Wertsteigerungspotenzial dieser Teilmärk- ten wider.

Die Preise in den zentralen Qualitätslagen haben sich deutlich besser gehalten als der Marktschnitt.

Dennoch kann im Hinblick auf die Volumensentwicklung eine leichte Entspannung beobachtet werden. Der Rückgang hat sich

2024 gegenüber 2023 mit weniger als zehn Prozent deutlich verlangsamt und in der zweiten Jahreshälfte 2024, in der sich langsam die sinkenden Zinsen bemerkbar machten, gab es sogar ein Plus gegenüber dem Vorjahreswert. Keine Erholung ist hingegen bei den Preisen zu verzeichnen. Die Quadrat- meterpreise stehen weiterhin unter Druck und eine Trendwende zeichnet sich hier noch nicht ab. In keinem Bezirk sind die Zinshauspreise in den vergangenen drei Jahren stabil geblieben. Das Minus variiert jedoch stark. Dabei gilt die Faustregel: Je besser die Lage, desto geringer die Preisrückgänge.

Mit zunehmender Entfernung zum Stadtzentrum sind auch die Rückgänge gegenüber den Preisen der Jahre vor 2022 stärker. In attraktiven Lagen zwischen Ring und Gürtel liegen die Rückgänge in der Re- gel im Bereich von 20 bis 30 Prozent und in durchschnittlichen bis schwächeren Lagen in den Außenbezirken beträgt das Minus in extremen Fällen bis zu 50 Prozent, in Ausnahmefällen sogar noch höher. Zudem sind diese Teilmärkte aktuell sehr illiquide. Verkaufsprozesse dauern außerhalb des Gürtels unabhängig vom Preisniveau oft ausgesprochen lange.

06

Zinshausmarktbericht

Transaktionsvolumen in Mio. EUR Zinshäuser + Zinshausanteile

2.500

2.000

2.400

2.200

1.500

1.750

1.650

1.000

1.400

1.100

950

500

0

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

Anzahl der Transaktionen | Zinshäuser

500

400

300

340

333

306

306

200

267

195

100

155

0

2024

2018

2019

2020

2021

2022

2023

Anzahl der Transaktionen | Zinshausanteile

500

400

300

200

208

197

192

100

163

148

105

0

2024 72

2018

2019

2020

2021

2022

2023

Die verarbeiteten Daten beziehen sich auf die bis 2024 grundbücherlich erfassten Transaktionen (Asset Deals/ Share Deals). Abweichungen zu den Vorjahren können sich durch nachträgliche Eintragungen ergeben.

Wien | 2025

07

Gesamtwirtschaftliches Umfeld

Flaute, Vorsicht und fehlende Impulse

Mag. Franz Pöltl FRICS

Geschäftsführender Gesellschafter EHL Investment Consulting GmbH

Das gesamtwirtschaftliche Umfeld ist für den Immobilienmarkt äußerst negativ. Die Dreierkoalition kämpft mit einem Einsparungspaket als Reaktion auf das aus dem Ruder gelaufene Budgetdefizit. Dies trifft Österreichs Wirtschaft im dritten Rezessionsjahr in Folge und in einer äußerst volatilen globalen Lage. So ist zu befürchten, dass auch Faktoren wie die Ukrainekrise und die erratische Zollpolitik der Administration Trump, einer schnellen Erholung der westeuropäischen Wirtschaft entgegenstehen. Die negativen Einflüsse sind auf vielen Ebenen spürbar. Die schwache Konjunktur und die ungewissen Aussichten verunsi- chern Konsumenten und führen zu einer empfindlichen Konsumzurückhaltung, die wiederum den Einzelhandel und damit den Gewerbeflächenmarkt beeinträchtigt. Als Konsequenz kommt es zu steigenden Leerständen und sinkenden Mieten bei den Einzelhandelsflächen in den Erdgeschoß- zonen. Diese Entwicklung kann man sowohl in den großen Geschäftsstraßen wie der Mariahilfer Straße, als auch noch stärker in den Geschäftsstraßen mit überwiegend lokaler Bedeutung und geringer Passanten- frequenz beobachten. Nicht zu unterschätzen sind auch die Fol- gen für die Liquiditätssituation potenzieller Investoren. Die Gewinne der heimischen

Unternehmen sind stark gesunken und als Sicherheit für weitere, drohende Herausforderungen werden vielfach hohe Cashreserven aufgebaut. Unternehmer- familien, die in der Vergangenheit zu den aktivsten Käufern am Zinshausmarkt gezählt haben, sind trotz oft hoher Liquidi- tätspolster verunsichert und wollen die weitere Marktentwicklung lieber abwarten, als zu den jetzigen, gegenüber der Zeit vor 2022 attraktiven Konditionen zu kaufen. Enttäuschend ist weiterhin auch die Entwicklung der Finanzierungsseite. Zwar sind die Leitzinsen und damit verbunden wichtige Referenzzinssätze wie der Euribor seit Jahresmitte 2024 deutlich zurückgegangen, doch gleichzeitig haben die Banken ihre Risikoaufschläge, Eigen- kapitalanforderungen, Tilgungen sowie Margen deutlich angehoben. Daher sind die Finanzierungskosten weniger stark

den Markt wiederbeleben würde, haben sich (noch) nicht erfüllt.

Dennoch ist die Zinsentwicklung ein Hoffnungsschimmer für den Markt. Weitere Leitzinssenkungen sind absehbar und es ist anzunehmen, dass diese Zinsrückgänge zukünftig stärker in reduzierten Sätzen an die Kaufinteressenten weitergegeben werden. Positiv ist auch, dass sich die in der Vergangenheit stark gestiegenen Baupreise zuletzt immerhin stabilisiert haben. Die aktuell schlechte Auslastung der Hoch- bauwirtschaft und des Baunebengewerbes sollte die Dynamik der Baupreisentwick- lung im Zaum halten.

gesunken als erwartet und die Hoffnungen, dass die geänderte EZB-Politik

Kaufpreise in EUR/m 2 6.000–10.000 2.000–6.200 1.600–5.800 1.400–3.200

Quelle: EHL Market Research | Q1 2025 Kaufpreise in EUR/m²

08

Zinshausmarktbericht

Zinshausmarkt nach Käufern

1 %

39 %

60 %

Projektentwickler Stiftungen & Private Banken & Versicherungen

Zinshausmarkt nach Transaktionsvolumen pro Objekt

4 %

9 %

28 %

12 %

> 10 M EUR 6-10 M EUR 4-6 M EUR 1-2 M EUR 2-4 M EUR >1 M EUR

27 %

20 %

Die verarbeiteten Daten beziehen sich auf die bis 2024 grundbücherlich erfassten Transaktionen (Asset Deals/ Share Deals). Abweichungen zu den Vorjahren können sich durch nachträgliche Eintragungen ergeben.

Wien | 2025

09

Markttrends

Wann investieren, wenn nicht jetzt?

Mag. Franz Pöltl FRICS

Geschäftsführender Gesellschafter EHL Investment Consulting GmbH

Des einen Leid, des anderen Freud’ – die Verwerfungen am Markt eröffnen Chancen, an Objekte zu kommen, die in normalen Konjunkturphasen nicht verfügbar sind. Ein gar nicht so kleiner Wermutstropfen. Nutzen kann diese nur, wer über reichlich Eigenkapital verfügt.

Wenn man die alte Börsenweisheit, zu kaufen, „wenn die Kanonen donnern“ auf den Immobilienmarkt im Allgemeinen und den Zinshausmarkt im Speziellen über- trägt, dann ist jetzt eindeutig der Zeitpunkt

Das ist für sich genommen positiv, aber noch kein hinreichender Kaufgrund: Weit wichtiger ist, dass die Kaufpreise in ab- soluten Zahlen auf ein sehr solides Niveau gesunken sind. Besonders bemerkenswert

Hauptgrund dafür ist vor allem die noch nicht ausreichende Verfügbarkeit von Finanzierungen. Banken fordern derzeit für Zinshausfinanzierungen im historischen Kontext vergleichsweise hohe Eigen- mittelquoten (selten deutlich weniger als 50 Prozent). Die Profis, die dieses Geschäftsmodell betreiben, sind nach den drei äußerst herausfordernden Jahren in der Regel nicht ausreichend liquide bzw. aufgrund der nach wie vor gut gefüllten Pipeline an Objekten derzeit noch zurück- haltend. Dieses Vakuum ist aber gleich- zeitig eine Investmentchance für andere, eigenkapitalstarke Investoren. Dennoch, Grund zu sonderlicher Eile besteht nicht. In den kommenden 18 Monaten werden vor allem Banken eine große Zahl von Objekten aus notleidenden Kreditengagements verwerten und damit das Angebot weiter erhöhen. Eine rasche Trendwende bei den Preisen ist daher nicht zu erwarten und bis voraussichtlich 2026 sollten sich für eigenkapitalstarke Kaufinteressenten attraktive Gelegenheiten ergeben.

gekommen, an dem neue In- vestitionen ins Auge gefasst werden sollten: Der Markt wurde in den vergangenen drei Jahren von negativen Nachrichten geradezu überflutet, die Preise sind entsprechend zurückgegan- gen und potenzielle Käufer können aus einem reichen Angebot unterschiedlichster Objekte wählen.

Die Renditen sind in allen Teil- märkten deutlich angestiegen. In sehr vielen Lagen liegen die Anfangsrenditen mittlerweile wieder deutlich über der Rendite für zehnjährige Bundesanleihen.

ist, dass die Kaufpreise für Wohnungen dabei stabil geblieben sind und aktuell sogar wieder leicht steigen. Damit ist die Differenz zwischen Quadratmeterpreis für Gesamtobjekte und Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen im selben Zinshaus auf einen historischen Höchststand ge- stiegen. Das Geschäftsmodell Parifizierung durch Einzelabverkauf ist damit im Moment äußerst attraktiv. Diese offensichtliche Tatsache hat das Kaufinteresse noch nicht ausreichend wiederbelebt.

Nach drei außerordentlich schwierigen Jahren mag diese Einschätzung mutig klingen. Mit Blick auf die Faktenlage ist sie absolut gerechtfertigt: Die Renditen, die zu Boomzeiten geradezu vernachlässigbar waren, sind in allen Teilmärkten deutlich angestiegen. In sehr vielen Lagen liegen die Anfangsrenditen mittlerweile wieder deutlich über der Rendite für zehnjährige Bundesanleihen.

10

Zinshausmarktbericht

Zinshaus-Marktrenditen in den Wiener Bezirken

4 %

4 %

3 %

3 %

2 %

2 %

1 %

1 %

0 %

0 %

Quelle: EHL Market Research | Q2 2025

Wien | 2025

11

Parifizierung

Wenn Vermieten immer schwieriger wird, dann wird eben verkauft, ist die (naheliegende) Reaktion zahlreicher In- vestoren und Entwickler auf gesetzliche Eingriffe in be- stehende Mietverträge. Die optimierte Verwertung eines Zinshauses durch den Verkauf von Eigentum erfordert strategische Planung und sorgfältige Umsetzung. Last Exit Abverkauf: Chancen, aber keine einfache Strategie

Herwig M. Peham MRICS

Leitung Investment EHL Investment Consulting GmbH

Die heuer unter dem Schlagwort „Miet- preisbremse“ ausgesetzte Indexierung der Richtwertmieten betrifft – neben kommu- nalem und gemeinnützigem Wohnbau – vor allem auch den Altbestand an Zinshäusern.

keineswegs so einfach, wie dies auf den ersten Blick erscheinen mag, und erfordert Sachkompetenz, einigen Arbeitsaufwand und nicht zuletzt auch keinen Zeitdruck, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.

Mieter oder einer eintrittsberechtigten Person als Hauptwohnsitz genutzt, kann eine Kündigung ins Auge gefasst werden. Ist das nicht der Fall, kann es sinnvoll sein, eine einvernehmliche Lösung zu suchen, in der Regel in Form einer Abschlagszahlung für die Kündigung eines aufrechten Miet- vertrags. Ansonsten bleibt weiterhin nur Geduld zu bewahren und den Verkauf auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Rechtzeitig alle Weichen stellen: Alle wertsteigernden oder für die Wert- erhaltung sinnvollen/notwendigen Maß- nahmen, die einer Zustimmung aller oder einer Mehrheit der Eigentümer erfordern, sollten tunlichst umgesetzt werden, bevor nach dem Verkauf der ersten Wohnung(en) dafür Abstimmungen im Kreis der neuen Wohnungseigentümer erforderlich sind. In der Praxis sind erfahrungsgemäß auch offensichtlich sinnvolle Vorhaben dann oft schwer durchsetzbar, was den weiteren Verkauf von Wohnungen erschwert bzw. die

Nach der Verschiebung und spä- teren Deckelung der Indexierung im Jahr 2022 verhindert dieser erneute Eingriff des Gesetzgebers die Anpassung der Mieten und beeinträchtigt nachhaltig das Geschäftsmodell Vermietung. Auch die seitens verschiedener politischer Akteure gemachten An- kündigungen weiterer verschärfter Restriktionen in der Zukunft führen dazu, dass Investoren verstärkt Alternativen prüfen.

Als ultimativer Ausweg aus dem Dschungel des MRG ist die Parifizierung mit an- schließendem Verkauf von Eigentumswohnungen an Eigennutzer eine naheliegen- de Strategie.

Vermietete Wohnungen: (Unbefristet) vermietete Wohnungen sind in der Regel nur schwer und mit erheblichen Preisab- schlägen verkaufbar. Ist eine Wohnung zwar vermietet, doch nicht mehr vom

Als ultimativer Ausweg aus dem Dschungel des MRG ist dabei die Parifizierung mit anschließendem Verkauf von Eigen- tumswohnungen an Eigennutzer eine naheliegende Strategie. Allerdings ist diese

12

Zinshausmarktbericht

© Carl Anders Nilsson

erzielbaren Preise empfindlich schmälern kann. Typische Beispiele dafür sind der Einbau eines Lifts, Genehmigungen für die Errichtung von Balkonen, Fassadensanie- rungen und Berücksichtigung des mögli- chen Dachausbaus im Nutzwertgutachten. Verbesserung der Allgemeinflächen: Der erzielbare Verkaufspreis für Eigen- tumswohnungen hängt in erheblichem Maß vom Gesamteindruck des Hauses ab. Allgemeinflächen wie Gänge, Stiegen- häuser oder Innenhöfe sowie Gebäudeteile wie etwa das Eingangstor sollten vor dem Start des Verkaufsprozesses in einen guten Zustand gebracht werden. Wie aufwendig die Verbesserungen sein sollten, ist stark lageabhängig – eine teure Maßnahme, die sich in einer Toplage im Zentrum bestens

bezahlt macht, kann an einem schwä- cheren Standort an der Peripherie mit limitierten Wohnungspreisen nicht optimal investiertes Geld sein. Aber fast immer und überall lohnt es sich, mit etwas Liebe zum Detail zumindest den optischen Eindruck zu verbessern: Neue Beleuchtungskörper, vielleicht die eine oder andere Pflanze, kosten kaum etwas und können dennoch sehr viel zu einer erfolgreichen Vermarktung beitragen. Verbesserung bzw. Sanierung der Wohnungen: Anders als die Optimierung der Allgemeinflächen sind Investitionen in die Verbesserung der zum Verkauf stehen- den Wohnungen kein Muss. Es gibt sowohl für umfassend sanierte und modernisierte

Wohnungen einen funktionierenden Markt als auch für die ein wenig aus der Mode gekommenen „Bastlerhits“. Letztere sind vor allem in wenig prestigeträchtigen Lagen mit niedrigerem Preisniveau eine interessante Option, aber auch an guten Standorten sind vor dem Verkauf geplante Investitionen zu hinterfragen, ob diese von den potenziellen Erwerbern tatsächlich mit einem entsprechend höheren Kaufpreis honoriert werden. Ein vielversprechender Mittelweg ist es oft, einen Sanierungs- und Verbesserungsplan inkl. eines realistischen Zeitplans zu er- stellen und die Wohnung nach Wunsch des Käufers saniert, unsaniert oder teilsaniert zu veräußern.

Wien | 2025

13

Alternative Geschäftsmodelle

Es muss nicht nur wohnen sein…

Herwig M. Peham MRICS

Leitung Investment EHL Investment Consulting GmbH

EHL-Zinshausspezialist Herwig M. Peham über die unter- schätzte Flexibilität des Zinshauses, Alternativen zur klas- sischen Wohn-, Büro- und Geschäftsflächennutzung sowie chancenreiche Strategien in einem schwierigen rechtlichen und politischen Umfeld.

Herr Peham, wenn in einer ohnehin schwierigen Marktphase die berühmte „Mietpreisbremse“ beschlossen wird, wünschen Sie sich als Zinshausmakler dann nicht eigentlich einen anderen Job? Herwig M. Peham: Ganz sicher nicht. Zweifellos war das keine gute Nachricht für den Markt, aber das rechtliche und politische Umfeld muss man letztendlich akzeptieren. Wenn sich die Rahmenbedin- gungen ändern, dann muss man darauf eben professionell reagieren, Strategien ändern und neue Lösungen entwickeln.

wird, ist eben nicht in Stein gemeißelt. Das zeigt auch ein Blick in die Stadtgeschichte, in der es von zahlreichen Objekten, die ursprünglich vielleicht industriell/hand- werklich genutzt waren, dann zu Büros und erst später zu Wohnhäusern wurden, nur so wimmelt.

die Voraussetzung dafür, um damit Ertrag und Wert eines Zinshauses substanziell zu steigern, aber welches Potenzial hier be- steht, durfte ich gemeinsam mit Experten an unserem Round-Table-Gespräch ausführlich diskutieren.

Gesundheit ist ein noch immer viel zu wenig beach- teter Bereich. Auch hier gibt es eine ganze Palette von Möglichkeiten.

OK, aber was leiten Sie daraus für die Zukunft ab?

Peham: Dass es sich lohnt, auch Alternativen zu den aktu- ellen Nutzungen zu evaluieren. Es gibt neuen Bedarf und das er- öffnet neue Chancen. Ein gutes

Das klingt reichlich theoretisch – ein Zins- haus ist ein Zinshaus…

Wo sehen Sie weitere Möglichkeiten?

und aktuell wahrscheinlich das wichtigste Beispiel dafür ist der Hospitality-Bereich, der für viele Objekte und Standorte zumindest grundsätzlich in Frage kommt, einfach weil es hier auch eine große Vielfalt von der Hotelnutzung über Serviced Apartments, längerfristige Vermietungen bis zur tageweisen Kurzzeitvermietung gibt. Definitiv ist spezifische Sachkompetenz

Peham: Das wiederum ist eine reichlich verkürzte Sichtweise, aber nicht ganz überraschend, denn die Flexibilität von Zinshäusern wird meist unterschätzt. Natürlich ist die „Hardware“, also der Bau- bestand, nur in Maßen veränderbar, aber die Bespielung, also wie das Objekt genutzt

Peham: Gesundheit ist ein noch immer viel zu wenig beachteter Bereich. Auch hier gibt es eine ganze Palette von Möglich- keiten. Die Stärkung des niedergelassenen Bereichs wird die Nachfrage nach Ordina- tionsräumlichkeiten erhöhen, auch andere Gesundheitsdienstleister z.B. Physio-

14

Zinshausmarktbericht

therapeuten werden in Zukunft noch mehr Flächen benötigen. Besonders interessant ist es, wenn es gelingt, in einem Haus mehrere Praxen anzusiedeln, die Synergien wie eine gemeinsame Rezeption nutzen können und die jedenfalls den Patienten durch ihre räumliche Nähe Vorteile bieten. In jüngster Zeit gibt es auch vermehrt Kunden, die Objekte für betreubares Wohnen suchen – das ist sicher kein ganz einfacher, aber angesichts der demo- grafischen Entwicklung definitiv ein stark wachsender Bereich. Aber was lässt sich in Zinshäusern machen, die nun einmal wegen ihrer Struktur oder ihres Standorts letzten Endes doch nur für Wohnen geeignet sind? Peham: Wenn man in der Wohnnutzung bleibt bzw. bleiben muss, dann bestehen die Ertragsbeschränkungen durch das Richtwertsystem. Solange man Wohnungen

Logik für die Käufer.

Das Modell kann übrigens auch für Zinshäuser einen größeren Wert haben. Einerseits gibt es genug ethnische Communities, in denen auf die Großfamilie hohen Wert gelegt wird und die gleich eine ganze Reihe von Wohneinheiten benötigen. Andererseits bieten sich Zinshäuser, in denen vielleicht ohnehin großer Verbesse- rungsbedarf besteht, auch für Baugruppen an, die bisher auf Neubau fokussiert sind. Baugruppen könnten in Bestandsobjekten einen höheren Teil der Kosten für die Adaptierung durch Eigenleistung abdecken und die Baugruppenmitglieder suchen typischerweise urbane Lagen. Auch im Hinblick auf ökologische Standards, die für Baugruppen oft sehr hohen Stellenwert haben, ist die Neunutzung eines Bestands- objekts klar vorzuziehen, da es keine zusätzliche Bodenversiegelung gibt und der Ressourcenverbrauch viel geringer als beim Neubau ist.

mit maximal 130 m² vermietet, führt daran kein Weg vorbei. Parifizierung und Abverkauf von Eigentumswohnungen ist da zweifellos eine logische, aber nicht die einzige Alternative zur klassischen Vermietung. Die wertsteigernde Innovation sind hier nicht bauliche Veränderun- gen, sondern neue Verwertungs- strategien.

Parifizierung und Abverkauf von Eigentumswohnungen ist da zweifellos eine logische, aber nicht die einzige Alter- native zur klassischen Ver- mietung.

In letzter Zeit suchen wir verstärkt beispielsweise Zinshäuser in attraktiver Lage, welche für eine Familie mit mehreren Haushalten – Kinder, Enkelkinder oder nahe Verwandte – geeignet sind, um es ge- meinsam zu erwerben, zu adaptieren und zu nutzen. Dies ist eine sehr spannende Idee und gerade weil aktuell die Preise von Gesamtobjekten sowie einzelnen Wohnun- gen doch sehr unterschiedlich sind, hat das auch eine bestechende wirtschaftliche

Ich sage jetzt aber keinesfalls, dass Alternativnutzungen ein Allheilmittel sind, aber definitiv gibt es mehr Möglichkeiten als nur die Vermietung zum Richtwert und die Parifizierung. Es lohnt sich, andere Möglichkeiten zu evaluieren und wenn man sich wie bei EHL, tagtäglich professionell mit Zinshäusern beschäftigt, entstehen auch laufend neue Ideen und Konzepte, wie man die wirtschaftlichen Potenziale besser nutzen kann.

Wien | 2025

15

Wohnungsmarkt

Gute Ertragschancen auch beim Verkauf einzelner Wohnungen

Karina Schunker MA MRICS

Geschäftsführerin EHL Wohnen GmbH

Der deutlich rückläufige Neubau und das wiedererwachte Kaufinteresse eröffnen Zinshausinvestoren gute Ertrags- chancen sowie ein weiteres attraktives Exitszenario neben dem Gesamtverkauf.

Die Entwicklung des Wohnungsmarkts bietet auch für den Zinshausmarkt derzeit besonders attraktive Chancen. Während sich das Interesse der Investoren am Kauf von Gesamtobjekten erst langsam

Eigennutzer wieder deutlich attraktiver machen. Das wird spätestens 2026 zu einer Situation führen, in der die Nachfrage das Neuflächenangebot deutlich über- steigen wird.

geworden – wenn der bauliche Zustand sehr gut ist, liegt er praktisch bei Null. Sind noch dazu Freiflächen oder vielleicht sogar ein Tiefgaragenplatz vorhanden, dann können die Preise von Neubauwohnungen in vergleichbaren Lagen sogar übertroffen werden, weil die typischen Vorzüge von Gründerzeithäusern – große Raumhöhen, stilvolle Innenausstattung, historische Fassaden – dann als umso wichtigere Pluspunkte in die Preisbildung einfließen. Neben der Vermietung bietet die Parifizie- rung der Häuser für den anschließenden Verkauf einzelner Wohnungen daher eine interessante alternative Exitstrategie für Zinshausinvestoren. Bei Neuvermietungen sollten bereits durch entsprechende Befristungen die notwendigen Voraus- setzungen dafür berücksichtigt und geschaffen werden. Die Rahmenbedin- gungen für Wohnungsverkäufe werden in den kommenden Jahren angesichts des zu erwartenden knappen Angebots jedenfalls sehr gut sein und vor allem in begehrten Wohnlagen auch ein ertragsstarkes Geschäftsmodell darstellen.

zu erholen beginnt, ist die Woh- nungsnachfrage wieder nahe den früheren Rekordniveaus. Auch die Einzelabverkaufspreise haben sich in den wichtigsten Teilmärkten

Einzelabverkaufspreise ha- ben sind in den wichtigsten Teilmärkten über die letz- ten Jahre stabil entwickelt.

über die letzten Jahre weitgehend stabil entwickelt, teilweise sind sie sich in guten Lagen mit besonders knappem Angebot sogar überdurchschnitt- lich gestiegen. Der Aufwärtstrend im Eigentumsbereich verdeutlicht, dass der Bestand an Wohnungen aus den zahlreichen Altbau- projekten, deren Sanierung und Umbau bis 2022 gestartet wurden, weitestgehend abgebaut wurde. Aufgrund des Rückgangs der Baubewilligungszahlen und da zugleich nur wenige Sanierungsprojekte gestartet wurden, geht die Zahl der Fertigstellungen drastisch zurück, während gleichzeitig die gesunkenen Zinsen Wohnungskäufe für

Die Angebotsschwäche im Neubauseg- ment wirkt sich auf den Zinshausmarkt deswegen besonders stark aus, weil der Rückgang der Fertigstellungen gerade in den eher zentraleren Lagen, in denen sich der Großteil des Bestands an Gründer- zeithäusern befindet, besonders stark war. Wer innerhalb des Gürtels oder in guten Wohnlagen der westlichen Bezirke sucht, findet aktuell nur einzelne Neubau- projekte vor. Dementsprechend ist der ehemals deutliche Preisabstand zwischen Erstbezugswohnungen und sanierten Altbauwohnungen deutlich kleiner

16

Zinshausmarktbericht

50.504

Fertiggestellte Wohnungen vs. Bevölkerungszuwachs

20.000

20.000

20.284

19.435

18.022

15.645

15.000

15.000

16.309

14.253

12.183

5.081

10.080

5.580

10.000

10.000

300

4.084

8.010

4.795

5.998

3.647

5.000

5.000

5.362

4.302

2.369

1.878

4.566

3.797

3.311

2.916

2.485

0

0

2022

2023

2024

2025*

2026**

Miete gefördert

Miete freifinanziert

Eigentum

Schwankungsbreite

*Prognose, **Aktuell bekannt

Bevölkerungszuwachs

Quelle: EHL/Exploreal, 07 2025 | Stadt Wien, 11 2023

Wohnwert statt Quadratmeter Die positive Entwicklung des Wohnungs- markts zeigt sich auch in den Quadrat- meterpreisen für Eigentumswohnungen und eröffnet für Investoren durchaus interessante Chancen. Die Tatsache, dass die erzielbaren Quadratmeterpreise zwischen den Gesamtobjekten und hochwertigen Eigentumswohnungen in Zinshäusern stark auseinanderklaffen, lässt viele Investoren nach geeigneten Häusern mit Leerstand für das Ge- schäftsmodell „Sanierung, Parifizierung und Abverkauf“ Ausschau halten. In der Regel sind häufig kostenintensive Inves- titionen erforderlich, um die vom Markt geforderten Qualitäten herzustellen. In der Praxis erfordert es eine ganze Reihe von Einzelmaßnahmen, die sich aber durchaus auch auf einen Grundsatz reduzieren lassen: Ziel ist es nicht, Qua- dratmeter zu verkaufen, sondern Woh-

nungen schaffen, die die Bedürfnisse der Wohnungssuchenden optimal erfüllen, um so die Vorzüge von Altbauwohnungen hervorzuheben und die Attraktivität zu steigern. Freiflächen spielen dabei eine zentrale Rolle. Eine private Außenfläche wie bei- spielsweise ein Balkon oder Terrasse ist für viele Käufer zu einem wesentlichen Entscheidungskriterium geworden. Vor allem bei verkehrsberuhigten und be- grünten Straßenzügen, bieten Balkone hohe Aufenthaltsqualität und zumindest außerhalb historisch besonders sensibler Schutzzonen sind Baugenehmigungen für Balkone heute leichter zu erhalten als noch vor einigen Jahren. Genauso wichtig, aber immer noch häufig vernachlässigt, ist die Optimierung der Wohnungslayouts: Auch in Gründer-

zeithäusern sind Raumaufteilungen modifizierbar und in vielen Fällen kann mit relativ überschaubaren baulichen Än- derungen eine Konfiguration hergestellt werden, die den aktuellen Wohnanfor- derungen entspricht. In manchen Fällen bietet auch eine Wohnungszusammen- legung oder -teilung attraktive Verwer- tungschancen. Wenn vor allem diese beiden Punkte in der Verwertungsstrategie berücksichtigt werden, wird es in Wien kaum ein Zins- haus geben, in dem Wohnungen nicht zu sehr guten Preisen verkauft werden könnten. Andere Punkte wie beispiels- weise Garagenplatz, neues Heizsystem, Lift, etc. werden von Wohnungssuchen- den allgemein positiv angenommen, sind jedoch selten ausschlaggebend für den Kauf.

Wien | 2025

17

Bewertung

In schwierigen Marktphasen steht auch bei der Bewertung die unmittelbare und abgesicherte Ertragskraft einer Immobilie im Vordergrund. Doch vor allem in überdurchschnittlichen Lagen gewinnt der Aspekt Wertsteigerungsperspektive bei Zinshäusern erneut an Bedeutung. Rendite schlägt Quadratmeterpreis, aber nicht immer

Mag. Astrid Grantner-Fuchs MSc MRICS

Geschäftsführerin EHL Immobilien Bewertung GmbH

In der Theorie klingt die Bewertung einer Immobilie, z.B. eines Zinshauses, recht ein- fach: Man suche ein möglichst ähnliches Objekt, das vor möglichst kurzer Zeit den

pro Quadratmeter, der den Substanzwert inkl. der Erwartungen einer künftigen Wertentwicklung (Stichwort „Betongold“) widerspiegelt?

Bei der aktuellen Bewertung von Wiener Zinshäusern spiegelt sich die Ambivalenz der Marktlage wider – eine durchaus schwierige Gegenwart, aber doch auch wieder positive Aspekte, die eine Bodenbil- dung bei den Preisen ermöglicht haben und die Basis für eine Trendwende darstellen. In schwächeren Lagen sind die Preise wie schon seit Ende 2022 nach wie vor rendite- getrieben. Das ist nur folgerichtig, da die Rendite in schwierigen Marktphasen, in denen Preise auch sinken können, in den Vordergrund tritt, denn primär ist es ein gesicherter Cash-Flow, der Finanzierungen ermöglicht und der Käufer motiviert, Risiken einzugehen und trotz eines heraus- fordernden, unsicheren Umfelds am Markt tätig zu werden. Diese Dominanz der Rendite wird aus Bewertungssicht in mittelmäßigen und schlechten Lagen noch für absehbare Zeit anhalten. Zu den genannten Gründen

Eigentümer gewechselt hat, für das es also einen realen Marktpreis gab, berücksichtigt ein paar Korrektur- faktoren, für die per Definition immer etwas unterschiedliche Lage und technische Qualität des Objekts und im Handumdrehen ist der Wert ermittelt.

Bei der aktuellen Bewertung von Wiener Zinshäusern spiegelt sich die Ambivalenz der Marktlage wider.

Tatsächlich sind Vergleichswerte, also die Marktbeobachtung und Marktanalyse, die Basis jeder Bewertung, doch abgesehen von der durchaus komplexen Technik, mit der unterschiedliche Objekte vergleichbar gemacht werden, ist die Grundfrage, welche Aspekte eigentlich für den Ver- gleich herangezogen werden sollen. Ist es der generierte Cash-Flow, aus dem sich die Rendite der Objekte und der Ertrags- wert ergeben? Oder ist es der Kaufpreis

Diese Frage ist je nach Marktsituation durchaus unterschiedlich zu beantworten. Das bedeutet, dass die jeweilige Relevanz der beiden Kennzahlen „Rendite“ und „Quadratmeterpreis“ im Jahr 2025 anders sein kann als z.B. noch 2021 und auch dass sie z.B. in Simmering und in der Innenstadt ganz unterschiedliche Bedeu- tung haben kann.

18

Zinshausmarktbericht

Renditen haben sich noch nicht erholt Die Rendite ist bei allen Ertragswertver- fahren von entscheidender Bedeutung für die Bewertung eines Objekts.

Werte bis fünf Prozent verzeichnet. Auf- fallend ist, dass sich die Renditen seit 2024 noch nicht nennenswert nach un- ten entwickelt haben, obwohl Leitzinsen, Anleiherenditen und Referenzzinssätze wie der Euribor in den vergangenen zwölf Monaten kräftig zurückgegangen sind.

schläge und Margen nur einen geringen Teil der Rückgänge an ihre Kunden wei- tergegeben haben. Dennoch kann man bei einem Anhalten des Abwärtstrends bei den Zinsen davon ausgehen, dass das in den kommenden Monaten tenden- ziell auch zu sinkenden Marktrenditen führen wird und sich damit auch in den Bewertungen niederschlagen wird.

Im Frühjahr 2025 lagen die Marktrendi- ten in den Spitzenlagen des 1. Bezirks im Bereich von 2,25 bis 2,5 Prozent und in guten Lagen innerhalb des Gürtels bei drei Prozent. An peripheren und wenig attraktiven Standorten wurden hingegen

Das liegt in erster Linie daran, dass die Banken wegen gestiegener Risikoauf-

kommt nämlich noch dazu, dass Banken zunehmend dazu übergehen, eine Ver- wertung voranzutreiben. Daraus resultiert, dass in diesem Segment viel Produkt auf den Markt kommen wird und kurzfristige Preissteigerungen (die es rechtfertigen, nicht nur auf die Mietrendite zu achten) recht unwahr- scheinlich sind.

Die stärkere Beachtung des Quadratmeter- preises bei der Bewertung ist in guten Lagen aus zwei Gründen gerechtfertigt: Einerseits ist hier auch wieder der Verkauf von Eigentumswohnungen ein realistisches Geschäftsmodell und geringere Einkaufs-

Offices, die langfristig attraktive Portfolien aufbauen wollen. Für diese ist die aktuelle Marktsituation eine exzellente Einstiegs- gelegenheit. Konkret bedeutet das für Wien, dass bei der Bewertung von Zinshäusern in zentralen Lagen innerhalb des Gürtels, bei den heranzuziehenden Vergleichstransak- tionen die Quadratmeterpreise wieder ein wichtiges Kriterium sind, in der Innenstadt fast das einzige. Gleiches gilt auch für sehr gute Mikrolagen weiter stadtauswärts etwa in Währing oder Döbling. An weniger pres- tigeträchtigen Lagen an der Peripherie wird hingegen klar dominierend die Mietrendite als Vergleichskriterium herangezogen.

Konkret bedeutet das für Wien, dass bei der Bewertung von Zinshäusern in zentralen Lagen, bei den heranzuziehenden Vergleichstransaktionen die Quadratmeterpreise wieder ein wichtiges Kriterium sind.

Etwas anders stellt sich die Situation an überdurch- schnittlichen Standorten dar: In guten Lagen tritt der Quadratmeterpreis in den Vordergrund. Das kann durchaus als typisches Merkmal für einen Markt, der sich erholt, interpretiert

werden. Dass in diesen Teilmärkten die Rendite nicht mehr das primäre oder gar einzige wertbestimmende Kriterium ist, ist ein Zeichen dafür, dass hier die Talsohle durchschritten ist.

preise bei annähernd gleichbleibenden Abverkaufspreisen ermöglichen höhere Margen. Andererseits sind das auch die bevorzugte Investitionsstandorte für eigen- kapitalstarke Unternehmen und Family

Wien | 2025

19

Rechtliches Umfeld

Indexierung als recht- liche Großbaustelle

Die Inflationsanpassung von Mieten, insbesondere in dem für Zinshäuser relevanten Vollanwendungsbereich des MRG, ist durch die Unwirksamkeitserklärung zahlreicher Indexierungsklauseln durch den OGH in Verbandsverfahren und durch jüngste gesetzliche Eingriffe zu einem Minenfeld geworden. Ob am Ende alles so heiß gegessen wie gekocht wird, diskutieren wir mit den beiden Immobilienrechtsexperten Nina Mitterdorfer und Wilfried Seist.

Der OGH hat mit seiner Entscheidung, zahl- reiche Standardklauseln zur Indexierung für unwirksam zu erklären, für große Verunsi- cherung gesorgt. Lichten sich langsam die Nebel, was bedeutet das für die Branche? Sonnenklar ist die Situation leider weiterhin nicht, aber man kann gewisse Tendenzen in der Judikatur mittlerweile schon recht deutlich erkennen. Zunächst ist immer nach der Art des Gerichtsver- fahrens zu unterscheiden, in dem eine Wertsicherungsklausel beurteilt wird: In einem Verbandsverfahren – also in einem Verfahren, das z.B. der VKI gegen einen Vermieter führt – ist bei der Prüfung des Wortlauts einer Indexklausel ein strenger Maßstab anzulegen, es gilt die Auslegung im kundenfeindlichsten Sinn. Wenn man ein solches Verbandsverfahren verliert

oder eine Formulierung in einem Mietver- trag den strikten Vorgaben des OGH im Verbandsverfahren nicht entspricht, heißt das aber nicht zwingend, dass sich ein Mieter bei einer Individualklage gegen den Vermieter ebenfalls durchsetzen würde.

Im Individualverfahren wird allerdings demgegenüber auch berücksichtigt, ob die tatsächlich vorgenommene Indexierung dem ursprünglichen Willen der Vertrags- parteien entspricht, und wenn das – was in vielen Fällen anzunehmen ist – der Fall ist, dann hat der Vermieter durchaus gute Chancen, dass im Individualverfahren die Klausel letztlich als wirksam beurteilt wird. Als Beispiel: Ergibt sich aus dem Vertrag, dass erstmals nach einem Jahr Vertrags- laufzeit eine Indexierung erfolgen kann, so ist – nach der nunmehr mit Spannung erwarteten ersten einschlägigen Entschei- dung des OGH zu einem Individualverfah- ren – eine Indexklausel auch dann wirksam, wenn eine Wertanpassung in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss nicht explizit ausgeschlossen ist.

Können Sie ein Beispiel nennen?

In einem Verbandsprozess ist eine Index- klausel, deren Ausgangsbasis zeitlich vor Vertragsabschluss liegt oder die eine Er- höhungsmöglichkeit des Hauptmietzinses durch den Vermieter in den ersten beiden Monaten nach Vertragsschluss nicht explizit ausschließt, jedenfalls unwirksam. Wer das heute in einem neu abgeschlosse- nen Vertrag nicht berücksichtigt, gewährt einem Kläger in einem Verbandsverfahren einen Elfmeter ohne Tormann.

20

Zinshausmarktbericht

Zum Schluss, weil man derzeit fast nicht daran vorbeikommt: Was könnte nach der „Mietpreisbremse“ gesetzlich noch alles kommen? Im Regierungsprogramm 2025 war zunächst ambitioniert von einer „Klar- stellung“ für mangelhafte und gesetzliche Wertsicherung die Rede, in weiterer Folge auch von einer „gesetzlichen Wertsi- cherung“. Momentan tendiert die Politik offenbar leider eher zu einer Ausweitung der Mietpreisbremse anstelle einer Klar- stellung. Die genaue Umsetzung ist derzeit aber noch offen.

Das klingt für Nichtjuristen vielleicht selbstverständlich, ist es aber leider nicht – siehe die eingangs erwähnten OGH-Ent- scheidungen. Auch die Vordatierung einer Ausgangsbasis kann im Individualverfahren wirksam sein, wenn sich beispielsweise aus der gelebten Vertragspraxis ergibt, dass ohnedies rechtskonform indexiert

einer Klausel ab und auch von der verein- barten Dauer des Mietvertrages. Ist der Vertrag befristet, ist der mögliche Scha- den, der einem potenziellen Käufer künftig droht, weil er im worst case an einen „eingefrorenen, nicht indexierten“ Mietzins eines kündigungsgeschützten Mieters gebunden ist, berechen- und bewertbar.

wurde z.B. mit Ausgangsbasis Datum des Vertragsschlusses. Im Individualverfahren sind Klauseln jedenfalls teilbar, das heißt, auch wenn ein Teil unwirksam erklärt wird, bleibt die restliche Indexklausel gültig.

Wer das heute in einem neu abgeschlossenen Vertrag nicht berücksichtigt, gewährt einem Kläger in einem Verbandsver- fahren einen Elfmeter ohne Tormann.

Kann man hier bereits von einer Kehrtwende sprechen?

Kehrtwende ist vielleicht etwas zu optimis- tisch formuliert, aber es ist durchaus in der Rechtsprechung der Rechtsmittelge- richte, aber auch beim OGH eine gewisse Kurskorrektur in die richtige Richtung für Individualverfahren zu beobachten. Wie geht man aktuell in einem Verkaufspro- zess eines Zinshauses mit diesen Themen um? Die Verkaufschance für ein Objekt mit Mietverträgen, die allenfalls unzureichende Wertsicherungsklauseln enthalten, hängt natürlich von der konkreten Formulierung

Bei unbefristeten Mietverträgen kann man hingegen nur eine gewisse Prognose- berechnung vornehmen. Manche Fälle konnten wir aber in einem Verkauf bereits mit sogenannten Gewährleistungsversi- cherungen absichern, d.h. das Risiko einer etwaigen Unwirksamkeit wird bewertet und in weiterer Folge versichert. Die Gewähr- leistung des Verkäufers wird diesbezüglich dann von der Versicherung abgedeckt. Dies kann ein interessanter Lösungsansatz sein, um die Verkäuflichkeit von Zinshäu- sern zu ermöglichen.

Im Gespräch

Dr. Nina Mitterdorfer

Dr. Wilfried Seist

Partnerin | Rechtsanwältin DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH

Partner | Rechtsanwalt DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH

Wien | 2025

21

ESG und Energieversorgung

Schlummerndes Potenzial: Wert- steigerung durch ESG-Maßnahmen

Bmst. Ing. Markus Neumayer

Geschäftsführender Gesellschafter/CEO Neumayer Projektmanagement GmbH

Am Anfang war die Vorschrift – doch mittlerweile ist der Markt zum Motor für Verbesserungen der Nachhaltigkeit von Zinshäusern geworden. Im Rahmen maßgeschneider- ter Konzepte können mit ESG-Investitionen erhebliche Wertsteigerungen erzielt werden.

Das Thema Nachhaltigkeit hatte in der Immobilienwirtschaft im Allgemeinen und auf dem Zinshausmarkt im Speziellen schon einmal mehr Konjunktur als im Jahr 2025. Das Zurückstutzen gesetzlicher Vorgaben auf einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern im Jahr 2040 (mit den zu erwartenden Nachfristen wahrscheinlich noch um einiges später) und die schwierige allgemeine Marktsituation haben den Stellenwert von Ökologisierung, Taxonomie oder ESG bei Investoren und Entwicklern spürbar sinken lassen. Diese Entwicklung ist zwar verständlich, dennoch ist sie vor allem unter wirt- schaftlichen Gesichtspunkten durchaus nachteilig. Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit können – mit Expertise geplant und umgesetzt – höchst ertrags- starke Investitionen darstellen und jeder Zinshausinvestor und -entwickler ist gut

beraten, die ESG-Potenziale seiner Objekte sorgfältig zu evaluieren.

Auf den „Stockerlplätzen“ im Ranking der wichtigsten Verbesserungspotenziale ist der Wechsel der Energiequelle jedenfalls nicht zu finden. Ökologisch wie wirtschaft- lich sind die Top 3 eindeutig Fenstertausch, Fassadendämmung und Dämmung der obersten Geschoßdecke. In der Regel las- sen sich damit bis zu drei Viertel des Heiz- wärmebedarfs einsparen und in gleichem Maß sinken auch die Betriebskosten. Der Wechsel der Energiequelle etwa von Gas zu einer Luft-Wasser-Wärmepumpe oder gar zu Geothermie führt hingegen noch zu gar keiner Senkung des Heizwärmebedarfs, ist im Bestand oft unvertretbar aufwendig und führt jedenfalls zu keiner adäquaten Reduktion der Betriebskosten. Ein durchaus gewichtiger Einwand gegen Nachhaltigkeitsinvestitionen bei Zinshäusern ist die Beschränkung der Miethöhen. Nichtsdestoweniger steigern

„Raus aus Gas“ ist eine Themenverfehlung Der Schlüssel zu einer erfolgreichen ESG-Strategie ist eine klare Priorisierung möglicher Maßnahmen: Wo können mit ver- gleichsweise geringem Aufwand möglichst große Verbesserungen erzielt werden, welche Investition macht sich durch die Wertsteigerung tatsächlich bezahlt. Unbenommen der Tatsache, dass gerade bei Zinshäusern für jedes Objekt individuell zu prüfen und zu entscheiden ist, ist aus Sicht des Praktikers eines klar: Die Nach- haltigkeitsthemen, die Schlagzeilen und den politischen Diskurs dominieren, sind nur in ganz seltenen Fällen tatsächlich am wichtigsten. Oder anders gesagt, der Slogan „Raus aus Gas“ ist eine Themenverfehlung.

22

Zinshausmarktbericht

Page 1 Page 2 Page 3 Page 4 Page 5 Page 6 Page 7 Page 8 Page 9 Page 10 Page 11 Page 12 Page 13 Page 14 Page 15 Page 16 Page 17 Page 18 Page 19 Page 20 Page 21 Page 22 Page 23 Page 24 Page 25 Page 26 Page 27 Page 28 Page 29 Page 30 Page 31 Page 32 Page 33 Page 34 Page 35 Page 36 Page 37 Page 38 Page 39 Page 40 Page 41 Page 42 Page 43 Page 44 Page 45 Page 46 Page 47 Page 48 Page 49 Page 50 Page 51 Page 52 Page 53 Page 54 Page 55 Page 56 Page 57 Page 58 Page 59 Page 60 Page 61 Page 62 Page 63 Page 64

www.ehl.at

Powered by