Geschäftsflächenbericht Österreich | 2019

Fenster zur Zukunft

bucht, wird für den Handel im Verhältnis zu einheimischen Kunden immer wichtiger. Durch das Verbot der Sonntagsöff- nung bleibt ein wichtiges und stetig wachsendes Umsatz- potenzial ungenutzt und fließt stattdessen in die östlichen Nachbarländer. Der einkaufsfreie Sonntag wirkt sich indirekt daher auch auf den Markt für Einzelhandelsimmobilien aus. Zu den wenigen Gewinnern zählen Geschäftsflächen für Reisebedarf, wie Bü- cher und Zeitschriften, auf Bahnhöfen und einzelne Standorte, in denen z. B. Lebensmittelmärkte auch sonntags offenhalten dürfen. Hier sind am Sonntag regelmäßig lange Schlangen vor den Geschäften zu beobachten. Besonders leiden hingegen Straßenzüge im Stadtzentrum, die vor wenigen Jahren noch als Bestlagen galten. Eine freiwillige Möglichkeit zur Sonn- tagsöffnung wäre sowohl für die Mariahilfer Straße und den ersten Wiener Gemeindebezirk, aber insbesondere auch für Straßenzüge wie die Rotenturmstraße oder die Wollzeile, die trotz hoher Touristenfrequenz in der Innenstadt unter Mietrück- gängen und Leerständen leiden, eine große Chance.

Diese Megatrends werden den Einzelhan- del in Einkaufszentren in der Zukunft prä- gen und sollten bei der Konzeptionierung von Einzelhandelsobjekten berücksichtigt werden. Der dritte Ort Neben dem Zuhause und der Arbeitsstät- te wird es immer wichtiger, Orte für „sozi- ale Interaktion“ anzubieten: mehr Gastro und Entertainment und weniger klassi- sche Verkaufsfläche, vor allem müssen interaktive Orte, wie z.B. Sprachschulen und Sportstätten, in die Flächenkonzepte integriert werden.

Individualität statt Lage „LAGE, LAGE, LAGE“ wird durch

„KONZEPT, KONZEPT, KONZEPT“ ersetzt. Kunden streben nach Individualisierung und sind für ausgefallene Konzepte, die ein Storytelling ermöglichen, auch bereit, „ungünstiger“ gelegene Standorte aufzusuchen. „Corporate Atmosphere“ statt „Corporate Architecture“ Standortspezifische Designelemente werden zunehmend wichtiger als die strikte Einhaltung eines globalen Corpo- rate Designs, das perfekte Brand-Präsenz schafft, aber zu wenig Platz für regionale Variationen und damit persönliche, lokale Kundenansprache lässt. Erlebnis statt Einkauf Der Einkauf muss Freizeit- und Erlebnis- wert haben. Viele Sachen werden nicht gekauft, weil man sie braucht, sondern weil sie von einem „Erlebnisort“ mitge- nommen werden können. Bestes Beispiel sind Museumsshops oder die zunehmend Verbreitung findenden „Concept Stores“.

Hoffen auf Tourismuszonen

Während weder die Einzelhandels- noch die Immobilienbranche eine realistische Chance auf eine generelle Änderung der Sonntagsregelungen sehen, hoffen Optimisten, dass zumin- dest eine gewisse Lockerung durch die Festlegung von Touris- muszonen erreicht werden kann. In diesen dürften Geschäfte auch sonntags geöffnet bleiben. Wien ist aktuell das einzige Bundesland, in dem es bislang keine Tourismuszonen gibt.

„In jedem Bundesland gibt es Tourismuszonen – nur die Weltstadt Wien hinkt dieser Entwicklung hinterher.“

Gerade Zentrumslagen würden davon in hohem Maß pro- fitieren. Diese würden für Einzelhändler im gehobenen bis hohen Preissegment aus tourismusaffinen Branchen wie Textil, Schmuck und Schuhe wieder deutlich attraktiver werden. Auch die Flächennachfrage seitens klassischer Souvenirshops und des Lebensmittelhandels dürfte dadurch einen starken positiven Impuls erhalten. Das Thema „Sonntagsöffnungszei- ten“ könnte damit jedenfalls vom Umsatzkiller zum Umsatz- bringer werden.

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