Zinshausmarktbericht Wien | 2018

Die wichtigsten Treiber der Mobilitätswende und ihre möglichen Auswirkungen auf den Immobilienmarkt im Überblick: Elektromobilität: Aus diesem Titel sind die ersten und am besten einschätzbaren Folgewirkungen zu erwarten. In einem Zeitraum von zehn bis 25 Jahren werden Lärm und Abgasbelas- tung großteils reduziert werden. Davon können am stärksten Wohnlagen entlang von Hauptverkehrsadern wie Gürtel oder Westeinfahrt, aber auch vielbefahrene Straßen in zentraler Lage wie z.B. die 2er-Linie oder die Maria-Theresien-Straße im Alsergrund profitieren. Faustregel: Je größer die aktuelle Lärm- und Abgasbelastung, desto höher das Wertsteigerungspotenzial in der Zukunft. Ronald Weberndorfer von der Firma Data- Science Service hat eine Formel entwickelt, mit der der Einfluss des Umgebungslärms auf den Wert von Eigentumswohnungen berechnet werden kann. Für eine stark belastete Straße, wie etwa die Hadikgasse, mit aktuell bis zu 80 db Durchschnitts- belastung ergibt diese bei Reduktion des Lärms auf rund 70 db ein Aufwertungspotenzial von ca. fünf Prozent, bei einer Reduk- tion auf 60 db sind es ca. acht Prozent. Folgeeffekte wie die Verbesserung der Sozialstruktur bei steigender Wohnqualität durch geringere Lärmbelastung können zusätzliche Wertsteige- rungen bewirken. Sharing Economy: Die Entwicklung hat mit mittlerweile rund 1.500 „Free float“-Leihautos (keine fixen Stellplätze) bereits be- gonnen und Anbieter sowie Verkehrsforscher erwarten weiter steigendes Wachstum. Auswirkungen sind im Neubau in Form geringerer Nachfrage nach Stellplätzen zu bemerken, mittelfris- tig dürfte auch in zentraleren Lagen die Verfügbarkeit von Park- und Garagenplätzen an Bedeutung verlieren. Autonomes Fahren: Wissenschaftler des von der Daimler-Stif- tung finanzierten Forschungsprojekts „avenue21“ prognosti- zieren erste nennenswerte Einflüsse auf die Alltagsmobilität ab etwa 2030. Tendenziell ist davon auszugehen, dass dies periphere Lagen stärkt, weil Fahrzeiten aktiv genutzt werden können. Außerdem wird dadurch der Trend weg vom eigenen Auto mit den oben genannten Folgen verstärkt werden. In weiterführenden Szenarien werden auch Verlagerungen von Verkehrsströmen und Einflüsse auf Stoßzeiten gesehen.

Herwig Michael Peham MRICS Leitung Investment

Jenseits des Tellerrands

Zinshäuser sind besonders langfristige Inves- titionen und nicht selten wechseln sie über Generationen hinweg nicht die Besitzerfamilie. Daher sollten bei Investitionsentscheidungen nicht nur aktuelle Lagekriterien berücksichtigt werden, sondern auch wie sich die Lagequalität voraussichtlich in den nächsten zehn, 20 oder sogar 30 Jahren entwickeln könnte. Dafür ist es notwendig über den Tellerrand, sprich über klassische Immobilienkennzahlen, hinauszubli- cken und den Einfluss gesellschaftlicher, allge- meinwirtschaftlicher und technischer Entwick- lungen auf die Qualität einer Lage und damit den Wert einer Immobilie zu antizipieren. Dies wird in den seltensten Fällen mit wissen- schaftlicher Genauigkeit möglich sein, aber zu- mindest Tendenzen lassen sich absehen, wenn man für die Stadtentwicklung maßgebliche Einflussfaktoren wie Mobilität, Demographie, Sozialstrukturen, Arbeitsorganisation etc. sorg- fältig beobachtet und entsprechend berück- sichtigt – es lohnt sich, bereits heute an die Zukunft zu denken.

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