Zinshausmarktbericht Wien | 2018

Kommentar

Auf der Suche nach Lichtblicken im Paragraphendschungel

Eine genaue Beleuchtung der spezifisch geltenden recht- lichen Rahmenbedingungen für ein Objekt ermöglichen mitunter beträchtliche Wertsteigerungspotenziale.

Die rechtliche Situation räumt Mietern alle Rechte ein, den Vermietern dafür gar keine – so lautet das gängige Pauschalurteil zur rechtlichen Situation in Zinshäu- sern, das durchaus seine Berechtigung hat. Glücklicherweise gibt es aber auch für Zinshausbesitzer Lichtblicke im Paragraphendschungel. Es benötigt jedoch einiges an Fachwissen und vor allem akribische Arbeit der Hausverwaltung, um sie auch zu finden. Tatsächlich sollte man selbst vermeintliche Gewissheiten in Frage stellen, wenn man die rechtlichen Möglichkeiten zur Verbesserung der Ertragskraft eines Ob- jekts ausloten möchte. Etwa die Ansicht, dass man in vor 1945 errichteten Ob- jekten keine Mieterhöhungen durchführen kann. Das stimmt zwar meistens, aber eben nicht immer. So wurden z.B. viele Objekte, die durch Bombentreffer stark beschädigt oder weitgehend zerstört worden waren, nach dem zweiten Weltkrieg mit Fördermitteln wieder instandgesetzt. Wenn danach aber eine begünstigte Rückzahlung der Fördermittel entsprechend des Rückzahlungsbegünstigungsge- setzes (RBG) 1971 bzw. des RBG 1987 stattgefunden hat, ist eine Anhebung auf den freien bzw. angemessenen Mietzins möglich. Beide orientieren sich an den marktüblichen Mietpreisen in der Umgebung. Auch eine Überprüfung, ob bei der Liegenschaft ein nachträglicher Zu- bzw. Aufbau stattgefunden hat, ist von Relevanz. So ergibt sich je nach Datum der Baubewilligung die Möglichkeit, für die jeweiligen Mietgegenstände einen an- gemessenen bzw. freien Mietzins zu vereinbaren. Bei Gebäuden, die nach dem 8.5.1945 und vor dem 1.7.1953 baubewilligt sind, ergibt sich eine interessante Konstellation für den Eigentümer durch eine nachträgliche Parifizierung (Begrün- dung von Wohnungseigentum), selbst wenn die Wohnungen nicht einzeln abver- kauft werden sollen. Neu abgeschlossene Mietverträge unterliegen anschließend nicht mehr dem Vollanwendungsbereich, sondern dem Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes und somit kann zukünftig ein freier Mietzins verlangt werden. Dies sind nur einige Beispiele, die zeigen, wie lohnend es sein kann, im Rahmen der aktiven Bewirtschaftung die rechtlichen Gegebenheiten genau zu analysie- ren. In vielen Fällen kann dadurch das langfristige Ertragspotenzial des Zinshau- ses deutlich gesteigert werden.

Bruno Schwendinger, M.A. Geschäftsführer EHL Immobilien Management GmbH

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