Entwicklungen am österreichischen Einzelhandelsmarkt
Innovation & neue Strukturen: Einzelhandel unter Veränderungsdruck
Sinkende Kaufkraft, veränderte Konsumgewohnheiten, steigende Kosten, der weitere Vormarsch des Onlinehandels und die allgemein schwierige wirtschaftliche Situation stellen den österreichischen Einzelhandel vor große Herausforderungen. Der Verän- derungsdruck erreicht damit auch verstärkt gute Lagen in den Stadtzentren.
Der Einzelhandel ist im Jahr 2025 mit einem besonders herausfordernden Umfeld konfrontiert, das sich in schwacher Ertrags- lage, Insolvenzen und sinkendem Flächen- bedarf niederschlägt. Besonders stark wirkt sich dabei die strukturelle Verschiebung der Konsumausgaben vom Warenkauf zu Ausgaben für Dienstleistungen und Urlaub/ Freizeit aus. So weist die Standortberatungs- gesellschaft „RegioData“ darauf hin, dass der Anteil des Non-Food-Handels an den Konsumausgaben binnen zehn Jahren von 16 auf 12,6 Prozentpunkte und somit um mehr als 20 Prozent gesunken ist. „Das Geld ist also da, landet aber nicht mehr im Einzelhandel. Und das nicht zufällig, sondern strukturell.“ Zudem könnte ab heuer das für Konsumaus- gaben vorhandene Geld auch real weniger werden: Das Auslaufen von Förderungen wie dem Klimabonus, wahrscheinlich unter der Inflationsrate liegende Pensionserhöhungen, voraussichtlich mäßige Lohnabschlüsse und steigende Arbeitslosigkeit machen den ge- samten Kuchen kleiner, während gleichzeitig die in der Vergangenheit kräftig gestiegenen
Personalkosten und die 2025 wieder stark steigenden Energiepreise den stationären Einzelhandel besonders belasten. Die herausfordernde Situation macht sich auf dem Markt für Einzelhandelsflächen ebenfalls bemerkbar, verstärkt auch in den guten, zentral gelegenen Lagen, die sich grundsätzlich aber weiterhin besser als der Gesamtmarkt entwickeln. Standort+Markt- Geschäftsführer Hannes Lindner beziffert den Leerstand in den Innenstadtbereichen bereits für 2024 mit 5,5 Prozent, was einen deutlichen Anstieg im Jahresvergleich darstellt. Dabei gehe dieser primär auf das Konto der Kleinstädte, in denen die Leer- standsquote mit 15,6 Prozent fast dreimal so hoch ist. Auch strukturell verändert sich die Flächenbelegung massiv: Die Discounter, die ihren Marktanteil in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht haben, drängen immer stärker in Toplagen vor, ebenso legt das Luxussegment – unbeeindruckt von der Wirtschaftskrise – weiter und verstärkt zu. „Diese Zahlen belegen, was wir in unserer Arbeit tagtäglich feststellen“, erklärt EHL-Ein- zelhandelsspezialist Mario Schwaiger. „Der
Veränderungsdruck ist in allen Innenstädten hoch, doch in den Großstädten wie allen voran Wien, aber auch Landeshauptstädten wie Salzburg oder Linz, finden sich für frei- werdende Flächen meist in absehbarer Zeit Nachmieter. Dort haben wir daher zwar hohe Fluktuation, aber akzeptable Leerstandsra- ten. An kleineren Standorten, denen es nicht gelingt, sich für Konsumenten attraktiv zu halten, ist die Neuvermietung hingegen deut- lich schwieriger geworden.“ Eine gewisse Entlastung brächte aber die Tatsache, dass dem kontinuierlichen Wegfall von Flächen keine nennenswerte Neuflächenproduktion gegenüberstehe. „Neue Standorte werden praktisch nicht mehr entwickelt, Erweite- rungen bestehender Standorte erfolgen nur selten und Investitionen entfallen zum aller- größten Teil auf Qualitätsverbesserungen.“ Innovation und Nachhaltigkeit gelten heute nicht mehr als Zusatz, sondern als strategi- sche Notwendigkeit. Händler und Handels- immobilien stehen zunehmend unter Druck, neue Konzepte zu entwickeln, die verstärkt auf Dienstleistungen, Freizeiterlebnisse und emotionale Faktoren setzen.
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Geschäftsflächenbericht
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