EHL Zinshausmarktbericht Wien | 2024

Round Table

Schwere Zeiten, aber Anzeichen für einen baldigen Aufschwung verdichten sich Ausgestanden ist die Krise wahrscheinlich noch nicht, aber die Talsohle sollte bald erreicht sein, so die einhellige Expertenmeinung beim EHL-Round-Table-Gespräch zum Wiener Zinshausmarkt. Doch Besserung ist in Sicht und die ersten Anzeichen einer Erholung sollten sich ab 2025 zu einem zarten Aufschwung verdichten. Den Startschuss dazu muss aber die EZB geben – und er sollte nicht allzu leise ausfallen.

© Roland Rudolph

Wenn wir im Frühjahr 2024 über Zinshaus- markt reden, müssen wir wohl oder übel zuallererst über Finanzierungen, Zinsen und Eigenkapitalquoten reden. Daher die Frage an den Banker in der Runde – will überhaupt noch jemand Geld von Ihnen, um in Zinshäu- ser zu investieren? Gerhard Humer, Leiter der Immobilienpro- jektfinanzierung an der Raiffeisenlandes- bank Oberösterreich: Die Nachfrage nach Finanzierungen ist weiterhin gegeben. Aber natürlich ist sie geringer, weil Fremdkapital deutlich teurer geworden ist und wir auch höhere Eigenkapitalquoten verlangen müs- sen. Bei einem Projekt, bei dem wir früher z.B. 20 Prozent Eigenkapital gebraucht haben, sind es jetzt zumindest 40 Prozent.

Franz Pöltl, Geschäftsführender Gesell- schafter der EHL Investment Consulting: Hier hat es zweifellos eine Zäsur gegeben. Die Investoren, die vor wenigen Jahren noch mit einem sehr geringen Eigenkapital- anteil agiert haben, sind in der aktuellen Marktsituation völlig abgetaucht. Das Geschäftsmodell Zinshaushandel im Sinne von Ausnützen der stetig steigenden Preise – also kaufen, postwendend einen neuen Käufer suchen und nach ein paar Monaten mit Profit auszusteigen – ist durch den Zinsanstieg völlig zum Erliegen gekommen. Dafür sehen wir gerade für Objekte in guten und sehr guten Lagen wieder immer öfter eigenkapitalstarke, langfristig orientierte Investoren, die sich nicht über Finanzierungen den Kopf zerbrechen

Das ist auch ganz logisch, weil sich jetzt eben mit den gleichen Mieteinnahmen nur mehr ein kleinerer Fremdkapitalanteil refinanzieren lässt. Gerhard Tüchler, Geschäftsführer der Tecto Immobiliengruppe: Das klingt in der Form noch harmlos, aber in der Praxis schaut das dann so aus, dass von den jähr- lichen Mieteinnahmen zuerst einmal pro Quadratmeter bis zu 1,90 Euro monatlich als Bewirtschaftungskosten abgezogen werden und auf einmal sind dann schon 60 bis 70 Prozent Eigenkapitalquote gefordert. Unter solchen Umständen verliert ein Immobilienunternehmer offen gestanden jedes Interesse an einem neuen Invest- ment.

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