Wiener Zinshausmarktbericht 2022

Gesamtwirtschaftliches Umfeld

Im Spannungsfeld von Inflation und Zinsen

Die stark gestiegene Inflation sorgt für mehr Nachfrage und ein Anziehen der Preise, die Gefahr von drohenden Zinsanhebungen trübt das Bild (noch) kaum. Auf den ersten Blick präsentiert sich der Zinshausmarkt wie in den Vorjahren mit einem klaren Nachfrageüberhang und entsprechenden Preisanstiegen. Bei genauerer Betrachtung hat sich das Marktumfeld doch merklich verändert. Nicht mehr nur das Potenzial der Häuser, etwa durch Dachbodenausbau oder Parifizierung zu weiter steigenden Preisen, treibt die Nachfrage. Vielmehr sehen die Käufer im Zinshaus vor allem optimalen Schutz gegen die erstarkte Inflation und eine sichere Veranlagung in Krisenzeiten. Dieser Trend hat sich vor allem im Februar und März 2022 mit laut vorläufigen Zahlen 5,9 bzw. 6,8 Prozent Inflati- on und dem Beginn des Ukrainekriegs nochmals massiv verstärkt. „Auch die ’ Krisenwährung Zinshaus‘ ist gegen Veränderungen der Finanzmärkte nicht gänzlich immun.“ Noch recht wenig Beachtung findet hingegen das Risiko steigender Zinsen, obwohl die Kosten langfristiger Finanzierungen bereits merklich angezogen haben. Diese Entwicklung sollten Marktteilnehmer genau beachten, auch wenn die Realzinsen voraussichtlich längerfristig negativ bleiben werden. Finanzierungen sind aber nicht nur teurer geworden, sondern auch generell schwieriger zu bekommen (Eigenkapitalquote, Laufzeit, Tilgungsprofil, etc.). In einem Bereich, in dem verbindliche Kaufentscheidungen binnen weniger Stunden getroffen werden und „Formalitäten“ wie Hypothekarfinanzierungen im Vertrauen auf gute und langfristige Geschäftsbeziehungen zu den Hausbanken oft erst später erledigt werden, tun sich neue Herausforderungen auf. Generell ist zu beobachten, dass die Banken auch wegen der weiter gefallenen Renditen die Belehnungsquoten reduzieren und es zusehends schwieriger wird, Finanzierungsquoten jenseits von 75 Prozent zu bekommen. Dessen ungeachtet haben Zinshäuser in Relation zu anderen Immobili- eninvestitionen nichts an Attraktivität eingebüßt. Gewerbliche Objekte sind generell krisenanfälliger, und der Renditeabstand zu Investments in Wohnungsneubau ist im letzten Jahr spürbar gesunken. Da die gemäß Mietrecht möglichen Mieten in einem Zinshaus immer unter der Markt- miete liegen, gibt es im Gegensatz zu anderen Immobilienarten de facto kaum ein Risiko von Mietrückgängen.

Mag. Franz Pöltl FRICS Geschäftsführender Gesellschafter EHL Investment Consulting GmbH

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